Information Nr. 6.3:
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Das Umweltbundesamt empfiehlt in Presseinfo 016/2009:
Fachgerecht sanieren ohne Desinfektionsmittel
„Für eine vollständige Sanierung sind lebende und tote Sporen vollständig zu entfernen, da auch von abgetöteten Sporen allergische und toxische Wirkungen ausgehen können.Desinfektionsmittel sind nicht nur als sachgerechte Sanierungsmaßnahme falsch, sie können auch zu gesundheitlichen Problemen bei den Bewohnern führen.“ |
Auszüge aus: „Schimmelleitfaden 11.2017“ des Umweltbundesamtes“[1]
Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden
„6.4.1 Wirksamkeit von Bioziden bei Schimmelbefall
[....] „Die Wirksamkeit von Bioziden wird meist an definierten, aber praxisfernen Systemen im Labor getestet. Es gibt nur wenige systematische Arbeiten zur Wirkung von Bioziden bei Schimmelbefall unter praxisnahen Bedingungen auf Baumaterialien.
Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass unter praxisnahen Bedingungen in den meisten Fällen keine oder keine nachhaltige Wirkung durch Biozidbehandlung erreicht werden kann. Auch wenn nach der Biozidbehandlung die Konzentration kultivierbarer Schimmelpilze reduziert war, traten Wochen später wieder hohe Schimmelpilzkonzentrationen auf/in dem Material auf.
Abhängig von der Schimmelpilz- bzw. Bakterienart, des Mediums bzw. Baustoffes sowie Faktoren wie Feuchtegehalt und Temperatur können bestimmte biozide Stoffe das mikrobielle Wachstum verlangsamen oder reduzieren. Eine signifikante Reduktion bereits vorhandener mikrobiellen Biomasse ist in der Regel aber nicht zu erwarten, da Schimmelbefall durch die Biozidbehandlung nicht entfernt wird.
Eine Ausnahme stellt Wasserstoffperoxid (H2O2) in hohen Konzentrationen (> 10 %) dar. Mit dieser Biozidbehandlung kann eine Abtötung von Schimmelpilzen und Bakterien erreicht werden. Dessen Einsatz bei Schimmelwachstum ist jedoch auf Grund der stark oxidierenden Wirkung auf und in den Materialien beschränkt; es können sich empfindliche Oberflächen verfärben.
Von der Verwendung von Essiglösungen ist bei diffussionsoffenen Baustoffen abzuraten, da bei einer möglichen chemischen Reaktion mit Baustoffen der pH-Wert angehoben und ein zusätzliches Nähr-substrat auf die befallenen Stellen aufgebracht wird. Beides kann das Schimmelwachstum fördern statt hemmen.“
„6.4.2 Einsatz von Bioziden bei Schimmelbefall“
„[....] Eine Biozidbehandlung ist insbesondere nicht sinnvoll:
- wenn eine zeitnahe Trocknung des Feuchteschadens möglich ist.
- bei sichtbarem Befall an Oberflächen (z. B. Tapeten, Putz), der mit einfachen Mitteln sofort ent- fernt werden kann.
- bei eindeutigem Befall des Baumaterials, da durch biozide Behandlung bestenfalls die Konzentration an koloniebildenden Einheiten sinkt, jedoch nicht die mikrobielle Biomasse und möglicherweise auch nicht die Aktivität.
- als Methode, bei der Biozide in der Raumluft (außerhalb unzugänglicher Hohlräume) vor, nach oder anstelle einer Sanierung oder Reinigung vernebelt werden.
- vor Umbau- oder Abbrucharbeiten bei Schimmelbefall (oft fälschlicherweise als „Desinfektion“ bezeichnet).
- wenn die Materialbeständigkeit gegen die Biozide nicht (sicher) gegeben ist.
- als Zusatz von Wandbeschichtungen nach einer Trocknung (schimmelhemmende Wandfarben).
Dies gilt nicht für nicht dauerhaft genutzte Räume, wie z.B. Keller, Abstellräume oder Garagen. [....]“
„Bei einer Biozidbehandlung ist es wichtig sicherzustellen, dass alle Bereiche des befallenen Bauteiles von der Behandlung erreicht werden (sachkundige Inspektion ist im Vorfeld erforderlich) und der Erfolg der Maßnahme kontrolliert wird. [....]
Die Wirksamkeit des anzuwendenden Produkts muss belegt sein. Produkte, die bei der Schimmelsanierung angewendet werden, benötigen für einen legalen Einsatz eine Zulassung nach Biozidverordnung.“
„Bei Sanierung von mikrobiellen Schäden ist eine Biozidbehandlung grundsätzlich nicht notwendig, weil ungeeignet im Sinne einer sachgerechten Beseitigung der Biomasse und der Sanierung der Schadensursache.
Vom Vernebeln von Wirkstoffen in die Raumluft – außerhalb von unzugänglichen Hohlräumen – ist in jedem Fall abzuraten.“
Weitere Informationen zur „Desinfektion″ aus juristischer Sicht von Rechtsanwalt Jochen Kern auf dem 4. Deutscher Schimmelpilztag des Labor Urbanus am 19.01.2018 in Neuss.
„Sog. Desinfektionsmaßnahmen und ähnliche Tätigkeiten gehören bei der Sanierung von Schimmelschäden zum alltäglichen Angebot, immer wieder werden – sogar ausdrücklich so bezeichnete – Schimmelsanierungen mittels Biozidbehandlung auch durchgeführt. Kommt es dann zu einer Auseinandersetzung, hat ein Gericht zu untersuchen, welche Rechte und Pflichten sich aus einem solchen Vertrag ergeben.“ [....]
„1. Aufgabenstellung
Ein Gericht hat im Falle einer Auseinandersetzung nicht am reinen Wortlaut eines Vertrags festzuhalten, sondern „den wirklichen Willen der Vertragsparteien″ zu erforschen. Dabei spielen neben dem reinen Vertragstext auch alle anderen Umstände eine Rolle, die im Zeitraum der Anbahnung relevant waren.
Mit anderen Worten geht das Gericht der Aufgabe nach, herauszufinden, was die Parteien wohl
gewollt haben werden. Ist also der Wunsch nach Sanierung eines stattgefundenen Wasserschadens der Auslöser für eine Kontaktaufnahme, darf getrost als sicher angenommen werden, dass das Gericht zu der Erkenntnis kommen wird, dass die tatsächlich eingetretenen Folgen des Schadensereignisses beseitigt werden sollen.
Damit ist also auch ein Schimmelschaden von dem Beseitigungsauftrag erfasst, selbst wenn er im
Angebots- oder Vertragstext nicht erwähnt ist. Durch Biozidbehandlungen findet jedoch keine Beseitigung der Biomasse statt, weshalb alleine damit die Aufgabe der „Schadensbeseitigung“ nicht erfüllt werden kann“. [....]
„4.1. wissenschaftliche Bestätigung
Es stellt sich die Frage, ob eine Biozidbehandlung wissenschaftlich als taugliche Maßnahme zur
Beseitigung eines mikrobiellen Befalls bestätigt wurde und diese Erkenntnis feststeht.
Es existieren erste wissenschaftliche Arbeiten, die maßgeblich darauf hindeuten, dass eine Biozidbehandlung nicht nur nicht zur Entfernung eines Befalls führen, sondern nicht einmal in der Lage sind, einen mikrobiellen Befall dauerhaft abzutöten. Im Gegenteil lassen diese Arbeiten den Schluss zu, dass der Befall mit der Behandlung in eine Art Starre verfällt, um nach einiger Zeit umso stärkere biologische Aktiviäten zu entfalten.“
Achtung: Anerkannte und erfahrene Umweltmediziner wie Toxikologen fordern ein Umdenken:
„Bei Verdacht auf mikrobielle Belastungen muss auch nach nicht sichtbarem Vorkommen gesucht werden. Selbst alter, trockener Befall muss untersucht und dann entfernt werden, denn auch von versteckten, abgetöteten trockenen Pilzen wie Bakterien können MVOC (flüchtige Stoffwechselprodukte) sowie Toxine in die Raumluft gelangen und allergische wie toxische Wirkungen auslösen“
Auch nach einer Biozidanwendung sind noch gefährliche Emissionen möglich!
Wir beraten Sie:
Dipl.- Ing. Klaus- Peter Böge, Schimmel- und Wohngiftambulanz, Am Pohl 56, 23566 Lübeck
Tel. 040171 3008267 www.boege-ambulanz.de Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
1 Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden (Schimmelleitfaden 11.17) des Umweltbundesamtes